US-Zölle und Russland-Sanktionen im Fokus

Trump: Sekundärzölle auch für China möglich
Nachdem US-Präsident Trump am gestrigen Mittwoch ein Dekret über zusätzliche Zölle auf Importe aus Indien unterzeichnet hatte, um das Land für seine Einfuhren an russischem Öl abzustrafen, wollte er gegenüber Journalisten eine solche Maßnahme auch für China nicht ausschließen.

"Es könnte passieren. Ich meine. Ich weiß nicht. Ich kann Ihnen das noch nicht sagen, aber mit Indien haben wir es [so] gemacht. Wir machen es wahrscheinlich mit einigen anderen. Eines davon könnte China sein", antwortete Trump auf die Frage nach einer möglichen Einführung von Sekundärzöllen für russische Öllieferungen nach China.

Der Berater des Weißen Hauses für Handelsthemen, Peter Navarro, relativierte Trumps Äußerungen gegenüber der Presse allerdings nur wenig später. "Warten wir ab, was passiert", so Navarro, der ausführte: "Wir haben Zölle von über 50 % für (Einfuhren aus) China. Wir wollen nicht an einen Punkt gelangen, an dem wir uns selbst schaden." Nach Ansicht Navarros geht es Trump bei der Einführung von Sekundärzöllen für Indien auch eher darum, den Druck auf Neu-Delhi im Hinblick auf die Handelsgespräche zu erhöhen, als Russland in die Enge zu treiben. Die indische Regierung wiederholte jedoch gestern erst einmal ihren Standpunkt und kündigte an "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen", um Indiens nationalen Interessen zu schützen.

Trump optimistisch im Hinblick auf Ukraine-Verhandlungen
Nach dem Treffen des US-Sondergesandten Steven Witkoff mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zeigt sich US-Präsident Trump optimistisch, dass es bei den Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine bald zu einem Ergebnis kommen dürfte. Dabei machte er auch Andeutungen zu einem möglichen Treffen mit Putin und Selenskyj.

"Es besteht eine gute Chance, dass es sehr bald zu einem Treffen kommen wird", so Trump. Einem Mitarbeiter des Weißen Hauses könnte Trump bereits kommende Woche mit seinen Amtskollegen aus Russland und der Ukrainezusammenkommen. Die Aussicht darauf, dass Putin und Selenskyj verhandeln würden ist laut dem US-Präsidenten "sehr gut". Zwar habe man noch keinen Ort für die Verhandlungen festgelegt, "aber wir hatten heute einige sehr gute Gespräche mit Präsident Putin", gab Trump gegenüber Journalisten an und bezog sich dabei auf das Treffen zwischen Witkoff und Putin am gestrigen Mittwoch.

Bereits zuvor hatte der US-Präsident das Treffen der beiden als produktivbezeichnet und angegeben, dass dabei deutliche Fortschritte gemacht worden seien. Ob dies nun bedeutet, dass das Ultimatum, das Trump Russland für einen Waffenstillstand in der Ukraine gestellt hatte, verlängert wird, wird sich bald zeigen. Bislang gilt nämlich noch der 8. August als Stichtag, bis zu dem Russland Fortschritte vorweisen müsste, um weitere Sanktionen der USA zu vermeiden.

Marktlage
Die Rohölpreise gaben am gestrigen Mittwoch bereits den fünften Handelstag in Folge nach, was hauptsächlich wieder einmal der Handelspolitik der Trump-Administration geschuldet war. Während Brent und WTI gestern neue Zwei-Monats-Tiefs verzeichneten, notierte der US-Rohölkontrakt zum gestrigen Settlementzeitpunkt auch erstmals seit dem 25. Juni wieder unterhalb von 65 Dollar pro Barrel.

Wie noch am Dienstag angekündigt, unterzeichnete US-Präsident Trump gestern tatsächlich einen Präsidentenerlass, im Zuge dessen für Indien noch Ende des Monats weitere Zölle in Höhe von 25 % gelten sollen. Diese Zölle, die als Strafe für Indiens Ölimporte aus Russland angekündigt worden waren, lassen beiden Marktteilnehmern einerseits die Angebotssorgen wieder steigen, andererseits aber auch die Nachfragesorgen, denn die Handelsgespräche zwischen den USA und Indien werden durch die Zölle erschwert. Darüber hinaus bleibt die Frage, ob Trump derlei Sekundärzölle für russische Rohölimporte auch für Chinaeinführen könnte.

Nutznießer könnte in diesem Falle Saudi-Arabien sein, das die Preise für seine September-Rohölexporte an den asiatischen Markt erhöht hat. Dies gilt unter Marktteilnehmern an sich als Signal dafür, dass Riad mit einer stärkeren Nachfrage in der Region rechnet. Sollte sich dies angesichts der US-Sekundärzölle gegen Indien und eventuell auch China nicht bestätigen, so könnte Saudi-Arabien zumindest dadurch profitieren, dass die beiden Länder als Alternative zu den Lieferungen aus Russland stärker auf saudisches Rohölzurückgreift. Und da Saudi-Arabien zusammen mit sieben weiteren OPEC+-Produzenten die seit Anfang 2024 durchgeführten freiwilligen Zusatzkürzungen weiter lockern will, hätte das Land wohl ausreichend Rohöl zur Verfügung.

"Die Unsicherheit über den Ausgang des Gipfeltreffens zwischen den USA und Russland, mögliche zusätzliche Zölle für Indien und China – wichtige Abnehmerrussischen Rohöls – und die weitreichenden Auswirkungen der US-Zölle auf die Weltwirtschaft veranlassen Investoren dazu, sich zurückzuhalten", so die Einschätzung des Analysten Hiroyuki Kikukawa von Nissan Securities Investment zur kurzfristigen Marktentwicklung. "Angesichts der geplanten Produktionssteigerungen der OPEC+, die auf die Preise drücken, wird der WTI-Preis wahrscheinlich für den Rest des Monats im Bereich von 60 bis 70Dollar bleiben", prognostiziert Kikukawa.

Die Entwicklung der Ölbestände in den USA, die das US-Energieministeriumgestern für die Woche zum 1. August meldete, wurde durch die Zollthematikeindeutig in den Hintergrund gedrängt, sodass die Ölfutures Mittwochnacht nochneue Tiefs verzeichneten. Heute Morgen orientieren sich die Kontrakte an ICEund NYMEX wieder leicht nach oben

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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