Ölfutures starten erneuten Aufwärtstest

Saudi-Arabien senkt Rohöl-Exportpreise für Oktober
In der Pressemitteilung zum jüngsten Beschluss der acht OPEC+-Produzenten, die ihre Fördermengen seit Anfang 2024 noch stärker zurückfuhren als ursprünglich vereinbart, wurde die für Oktober angekündigte weitere Lockerung dieser Kürzungen unter anderem mit dem "stabilen Ausblick für die Weltwirtschaft und den derzeit gesunden Marktgrundlagen, die sich in den niedrigen Ölvorräten widerspiegeln," begründet. Saudi-Arabien, das den Löwenanteil der OPEC+-Kürzungen geschultert hatte, scheint jedoch von den gesunden Marktgrundlagen nicht so recht überzeugt. Das staatlich geführte Ölunternehmen Saudi Aramco senkte nämlich die Preise für seine im Oktober geplanten Rohölexporte für Abnehmer an allen Märkten - auch dem asiatischen. 

Offenbar geht Riad nicht davon aus, dass die Nachfrage am asiatischen Markt im Oktober so stark sein wird, dass man nicht nur das Ölangebot, sondern auch noch die Preise steigern kann. Mit 1 Dollar pro Barrel senkte der Konzern den Aufschlag, den es für seine beliebteste Rohölsorte Saudi Arabian Light Crude von seinen Abnehmern aus Asien zum Referenzpreis Oman/Dubai verlangt, stärker als erwartet auf nunmehr 2,20 Dollar pro Barrel.

"Saudi-Arabien hat eindeutig auf einen Kampf um Marktanteile umgeschwenkt, wodurch der Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Überangebot konfrontiert sein wird", kommentiert Zhou Mi, Analyst bei einem Forschungsinstitut, das mit Chaos Ternary Futures Co. in Verbindung steht, die Oktober-Preispolitik von Saudi Aramco. Diese dürfte wie üblich auch die Preisgestaltung anderer Produzenten in der Region für Oktober beeinflussen, da sich Länder wie Kuwait, Irak oder auch Iran meist an den Verkaufspreisen (Original Selling Prices, kurz: OSP) Saudi-Arabiens orientieren. Daher sendet Riad mit den Oktober OSPs ein bearishes Signal an die Marktteilnehmer. 

Marktlage
Die Androhung einer zweiten Phase von US-Sanktionen gegen Russland seitens des amerikanischen Präsidenten Donald Trump hatte die Ölfutures am ersten Tag der neuen Handelswoche wieder steigen lassen. Allerdings wartet der Markt diesbezüglich derzeit noch auf konkrete Maßnahmen. Aus der OPEC+ gibt es unterdessen gemischte Signale. 

So wollen die acht OPEC+-Mitglieder, die seit Anfang 2024 zusätzlich zu den grundsätzlich vereinbarten Kürzungen noch weitere Einschnitte bei ihrer Produktion machen, diese Zusatzkürzungen im Oktober weiter lockern, da die aktuelle Lage am Markt dies ihrer Ansicht nach erlaubt, wollen mit einer Produktionssteigerung um 137.000 B/T jedoch zurückhaltender vorgehen, als in den Sommermonaten und als dies von einigen Experten erwartet worden war.

Und während der staatliche Ölriese Saudi Aramco seine Oktober-Preise für Rohöllieferungen nach Asien (und auch Europa und die USA) gesenkt hat, um auch bei einem insgesamt höheren Ölangebot Marktanteile zurück zugewinnen, bleibt abzuwarten, wie stark die OPEC+-Fördermengen im Oktober überhaupt tatsächlich zunehmen werden. Schließlich sieht der gestern auf der OPEC-Homepage veröffentlichte aktuelle Plan für die Kompensationskürzungen, die einige Mitglieder der Allianz für zeitweise geförderte Überschussmengen durchführen müssen, allein schon allein für den Irak noch bis einschließlich Januar monatliche Kompensationskürzungen von 130.000 B/T vor. Und dann wäre da ja noch Kasachstan, dass von Kompensationen und Produktionskürzungen generell seit einigen Monaten ohnehin nichts mehr zuhalten scheint.

Wie sich die Versorgungslage in den kommenden Monaten weiter entwickelt, wird daher nicht zuletzt auch davon abhängen, ob Trump mit weiteren Russland-Sanktionen wirklich Ernst macht und vor allem auch daran, wie sich die Nachfrage schlägt, nun, da die nachfrageintensive Sommersaison zu Ende geht. Während Chinas Rohölimporte im August noch zulegten - unter anderem auch, weil das Land weiterhin versucht, seine strategischen Bestände aufzustocken -, ist bei den Handelsgesprächen zwischen Washington und Peking das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eine erneute Zollspirale könnte die Wirtschaft und die Ölnachfrage Chinas und auch der USA also durchaus noch beeinträchtigen.

Wie die EIA die weitere Entwicklung am Ölmarkt einschätzt, wird sich am frühen Abend zeigen, wenn die Statistiker des US-Energieministeriums ihren aktuellen Monatsbericht bekannt geben. Dass der jüngste Beschluss der OPEC+ darin allerdings bereits berücksichtigt ist, ist unwahrscheinlich, da die EIA für gewöhnlich Daten analysiert, die jeweils bis zum Donnerstag vor Veröffentlichung ihres Monatsberichts vorliegen. Um 22:30 stehen darüber hinaus noch die wöchentlichen Bestandsdaten des API auf der Agenda. 

Über den Währungshandel könnte das gestern gescheiterte Misstrauensvotum des französischen Premierministers Bayrou heute auf die Ölpreise einwirken. Sollte der Euro darauf mit einem stärkeren Rücksetzer gegenüber dem Dollar reagieren, würde dies die Kontrakte an ICE und NYMEX für Käufer aus dem Euroraum verteuern und deren Nachfrage nach den Kontrakten dämpfen. Bei den Inlandspreisen könnte durch einen schwächeren EUR/USD dagegen Aufwärtspotenzial entstehen.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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