
Marktlage
Die Einigung von Israel und der radikalislamischen Hamas auf die Umsetzung der ersten Phase eines Friedensabkommens für Gaza bringt heute eine weitere bearishe Komponente in den Ölmarkt, auch wenn das Angebot durch den bereits seit zwei Jahren andauernden Krieg im Gazastreifen nicht maßgeblich beeinträchtigt wurde. Die geopolitische Risikoprämie, die Trader in die Preise einkalkulieren, dürfte auf kurze Sicht erst einmal wieder leicht sinken, auch wenn diese zuletzt überwiegend wegen der Drohnenangriffe der Ukraine auf die russische Energieinfrastruktur eingepreist wurde.
Letztere sorgen auf russischer Seite dafür, dass die Rohölexporte gesteigert werden, da zahlreiche Raffinerien aufgrund der Drohnenangriffe ihre Verarbeitung drosseln mussten. Hinzu kommt, dass Russland zusammen mit sieben weiteren Produzenten der OPEC+ freiwillige Förderkürzungen wieder nach und nach zurückgenommen und seine Produktionsmengen somit gesteigert hat. Der russische Vize-Ministerpräsident und Energiebeauftragte Alexander Nowak gab allerdings am Mittwoch laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax an, das Land habe im September trotz Produktionssteigerung etwas weniger Öl gefördert, als eigentlich angekündigt.
Die EIA geht in ihrem am Dienstag veröffentlichten Monatsbericht davon aus, dass die Lockerungen der im April und November 2023 angekündigten freiwilligen Zusatzkürzungen der acht OPEC+-Länder nicht in vollem Umfang auf den Marktkommen werden und auch die Fördermengen der OPEC+ insgesamt 2025 und 2026 niedriger ausfallen dürften als vereinbart. Nichtsdestotrotz rechnet man beider EIA für das laufende Jahr mit einem Überangebot von +1,9 Mio. B/T und für das kommende Jahr mit einer Überversorgung von +2,1 Mio. B/T. Wie die OPEC und die IEA die Versorgungslage für 2025 und 2026 derzeit einschätzen, wird sich kommende Woche zeigen, wenn die beiden Institutionen ihre Monatsberichte vorlegen.
Auf Wochensicht meldete die EIA (bzw. das DOE) gestern für die Woche zum 3.Oktober bei der US-Ölförderung ein Mehrmonatshoch von 13,6 Mio. B/T, was in erster Linie einer Anpassung der wöchentlichen Daten an die monatliche Statistik geschuldet war. Im Hinblick auf die Nachfrage gab das US-Energieministerium in seinem Wochenbericht zudem einen Anstieg der US-Nachfrage auf 21,99 Mio. B/T bekannt - den höchsten Stand seit Dezember2022.
Insgesamt ist der Markt laut Citigroup-Analyst Francesco Martoccia der Ansicht, dass die Preise angesichts der Erwartungen eines weltweiten Angebotsüberschusses eher nachgeben werden. Allerdings "gehen die Meinungen über das Ausmaß des Rückgangs auseinander", so der Analyst. In einer Mitteilung gibt Martoccia an, dass ein Preisrückgang durch ein langsameres Produktionswachstum außerhalb der OPEC+ und gegebenenfalls wieder höhere freiwillige Beschränkungen der OPEC+-Produktion zusammen mit den geopolitischen Risiken, mit denen sich große Förderländer wie Russland und Iran konfrontiert sähen, im Zaum gehalten werden könnte.