
Entscheidung über US-Shutdown dürfte heute Nacht fallen
Nachdem gestern der Senat in den USA den Weg für ein Ende des Regierungs-Shutdowns frei gemacht hatte, muss heute nun noch das Repräsentantenhaus über den Antrag eines Übergangshaushaltes beraten. Die Sitzung der zweiten Kammer des US-Senats beginnt um 12:00 Uhr (18:00 Uhr MEZ) und könnte den Regierungsstillstand vorerst beenden.
Es ist schon jetzt der längste Shutdown der US-Geschichte – mit teilweise dramatischen Folgen: Seit dem 1. Oktober werden Behördenmitarbeiter nicht mehr bezahlt, tausende Flüge wurden wegen Personalengpässen gestrichen und viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner bekommen keine Lebensmittelhilfe mehr, weil ohne beschlossenen Haushalt kein Geld fließt.
Sollte es in der Kammer genauso schwierig werden, einen Konsens zu finden, könnte sich die Abstimmung bis Donnerstag (deutscher Zeit) hinziehen. Allerdings halten die Republikaner im Repräsentantenhaus eine leichte Mehrheit, so dass eine Verabschiedung des Übergangshaushaltes zumindest sehr wahrscheinlich ist. Die Unterschrift Donald Trumps dürfte dann nur noch eine Formalie sein.
Schon jetzt scheinen die Marktteilnehmer an den Finanz- und den Rohstoffmärkten davon auszugehen, dass die Sache in trockenen Tüchern ist. Der amerikanische Dow Jones ging gestern durch die Decke und auch an den Ölbörsen herrscht Optimismus, dass ein Ende des Shutdowns gut für die Konjunktur und die Nachfrage ist.
Marktlage
Mit dem wahrscheinlichen Ende des US-Shutdowns überwog gestern die Aufwärtsdynamik an den Ölbörsen. Auch die Auswirkungen der Russland-Sanktionen und die vielen drohnenbedingten Ausfälle russischer Energieanlagen bleiben ein bullishes Thema, während gleichzeitig die altbekannte Frage nach der Angebotsentwicklung marktrelevant bleibt.
Die Rohölbörsen kommen seit Anfang des Jahres aufgrund von Befürchtungen eines erheblichen Überangebots immer wieder unter Druck. Vor allem die neue OPEC+ Förderpolitik, die einen deutlichen Abbau der bestehenden Förderbeschränkungen beinhaltet, aber auch die Produktionssteigerung in Ländern außerhalb der OPEC+ haben zu diesen Befürchtungen beigetragen. Die IEA hat deshalb in ihrem letzten Monatsbericht für 2026 einen Angebotsüberschuss von 4 Mio. B/T prognostiziert, die EIA rechnet immerhin noch mit gut 2 Mio. B/T.
„Diese Berichte unterstreichen, dass die globalen Rohölmärkte gut versorgt sind und sich strukturelle Überschüsse aufbauen“, kommentiert Robert Rennie von der Westpac Bank, der allerdings aufgrund der jüngsten Russland-Sanktionen kurzfristig dennoch vor höheren Preisen warnt. Wie die Einschätzung der drei großen Ölmarktinstitute im November ausfällt, wird sich schon in dieser Woche zeigen, denn heute und Morgen stehen wieder die Monatsberichte von OPEC, EIA und IEA aus.
Den Anfang macht heute Nachmittag die OPEC, die im Reigen der drei Reports sicher auch diesmal den optimistischsten Ausblick in Sachen Angebots- und Nachfragebalance liefern wird. Laut der letzten Monatsberichte des Bündnisses ist der Markt auch im nächsten Jahr kaum überversorgt. Was die Marktteilnehmer allerdings speziell interessieren dürfte ist, ob die jüngsten Produktionssteigerungen nicht nur auf dem Papier stattfanden sondern auch in den Fördermengen Niederschlag finden.
Heute Abend folgen dann auf den OPEC-Monatsbericht auch schon der EIA-Bericht, der trotz US-Shutdown ohne Unterbrechung erscheinen konnte. Es bleibt abzuwarten, ob das US-Energieministerium seine Vorhersagen für 2026 etwas korrigiert hat, da die OPEC+ ja Anfang November eine Aussetzung der Förderanhebungen im 1. Quartal beschlossen hat. Dies könnte das erwartete Überangebot möglicherweise etwas abschwächen.
Am späteren Abend folgt dann heute außerdem noch der API-Bestandsbericht zu den US-amerikanischen Rohöl- und Produktvorräten. Dieser erscheint üblicherweise schon am Dienstag, wurde aber wegen des gestrigen US-Feiertags (Veterans Day) um einen Tag nach hinten verschoben. Aus dem gleichen Grund werden auch die DOE-Bestandsdaten erst morgen um 18:00 Uhr veröffentlicht und nicht wie üblich heute um 16:30 Uhr.
Insgesamt hat sich an der fundamentalen Einschätzung am Ölmarkt seit gestern nichts geändert. Kurzfristig bullishe Faktoren stützen die Preise – insbesondere bei den Produkten. Auf lange Sicht bleibt aber die bearishe Sorge über die Angebotsentwicklung bestehen, gespickt mit all den Unsicherheitsfaktoren am Ölmarkt, die sich nach wie vor nicht aufgelöst haben. Bei den Inlandspreisen zeichnen sich damit heute deutliche Preisaufschläge im Vergleich zu gestern Morgen ab.