
USA: Rückgang der Netto-Rohölimporte verhindert massive Bestandsaufbauten
Der offizielle Wochenbericht des DOE zeigte am Donnerstagabend bei den landesweiten Rohölvorräten der USA einen Anstieg, der nur etwa halb so stark war, wie in den Schätzungen des API für die Woche zum 10. Oktober. Die Analysten hatten allerdings einen leichten Rückgang prognostiziert. Dazu kam es jedoch nur bei den Rohölbeständen im US-Zentrallager in Cushing, Oklahoma.
Die Produktvorräte sanken in der vergangenen Woche ebenfalls, wobei der beträchtliche Rückgang bei den Destillaten in etwa dem entsprach, was das API in Aussicht gestellt hatte und damit ausgeprägter war als in den Analysten-Erwartungen.
Zu den Aufbauten bei den landesweiten Rohölbeständen und dem Rückgang derVorräte an Destillaten und Benzin trug vergangene Woche der deutliche Rückgang der Raffinerieproduktion bei. Die Auslastungsrate der US-Raffinerien brach um -6,7 Prozentpunkte auf insgesamt 85,7 % ein. Wenngleich der saisonale Wartungszyklus einen großen Einfluss gehabt haben dürfte, war die Auslastung wohl auch infolge des Brands an der Raffinerie im kalifornischen El Segundo niedriger als in den entsprechenden Wochen der beiden Vorjahre.
Ein noch umfangreicherer Bestandsaufbau bei Rohöl wurde allerdings durch das ausgeprägte Minus bei den Netto-Rohölimporten verhindert, denn diese sanken vergangene Woche um -1,8 Mio. B/T auf 1,1 Mio. B/T. Dies ergab sich aus einem Rückgang der Importe um -0,9 Mio. B/T und einem Anstieg der Exporte um +0,9Mio. B/T. Die US-Rohölproduktion stagnierte derweil bei 13,6 Mio. B/T, nachdem sie in der Vorwoche im Zuge der Veröffentlichung des EIA-Monatsberichts noch signifikant nach oben korrigiert worden war.
Die Gesamtnachfrage nahm derweil in der aktuellen Berichtswoche um -2,2 Mio. B/T auf 19,7 Mio. B/T ab. Geht man allerdings davon aus, dass das hohe Niveau, das für die Vorwoche gemeldet worden war, ebenfalls aus einer Anpassung an die monatlichen Daten resultierte, spricht dies für einen wesentlich schwächeren Rückgang. Die Nachfrage nach Destillaten und Benzin sank in der vergangenen Woche ebenfalls, wobei die Benzinnachfrage der Jahreszeit entsprechend mit-0,46 Mio. B/T ein stärkeres Minus aufwies als die Destillatnachfrage, die um -0,11 Mio. B/T nachließ. Angesichts des beträchtlichen Rückgangs der Raffinerieproduktion kam es in den beiden Produktkategorien aber dennoch nicht zu einem Anstieg der Bestände.
Die Gesamtölbestände (Rohöl und sämtliche Produkte) der USA legten somit in der aktuellen Berichtswoche nur um +1,7 Mio. Barrel zu. Mit 1,288,8 Mrd. Barrel verzeichneten sie aber dennoch den höchsten Stand, den das DOE in seiner Wochenstatistik seit der Woche zum 2. August registrierte. Aufgrund der geringer als vom API gemeldeten Aufbauten bei den landesweiten Rohölbeständen und den beträchtlichen Abbauten bei den Destillaten orientierten sich die Ölfutures kurz nach Veröffentlichung der DOE-Daten zunächst leicht nach oben. Letztlich bauten sie am Abend aber ihre Tagestiefs noch einmal aus.
Marktlage
Die Preise der Rohölsorten Brent und WTI steuern derzeit auf Wochensicht bereits auf den vierten Rückgang in Folge zu, wobei WTI im bisherigen Wochenverlauf kein einziges Settlement oberhalb von 60 Dollar verzeichnen konnte. Brent hat sich diesem psychologisch wichtigen Preisniveau unterdessen stark angenähert.
Grund für den erneuten Preisrückgang war auch in dieser Woche hauptsächlich die Aussicht auf ein Überangebot, welches die IEA in ihrem am Dienstag veröffentlichten Monatsbericht für das kommende Jahr auf 4,0 Mio. B/T schätzt. Am gestrigen Donnerstag meldete das US-Energieministerium (DOE) dann auch noch ein neues Langzeithoch bei den Gesamtölbeständen der USA, wenn gleich die Rohölvorräte des Landes vergangene Woche immerhin nicht so stark zulegten, wieder Bestandsbericht des API hatte vermuten lassen.
Darüber hinaus belastete der wieder aufgeflammte Handelsstreit zwischen den USA und China die Ölpreise, denn sollten sich die beiden größten Ölkonsumenten der Welt gegenseitig wieder mit Zöllen überziehen, hätte dies nicht nur negative Auswirkungen auf die Konjunktur, sondern auch die Ölnachfrage der beiden Länder.
Zu Beginn der Woche reduzierten die Marktteilnehmer zudem aufgrund des Waffenstillstands in Gaza auch den geopolitischen Risikoaufschlag, den sie bei den Preisen mit einkalkulieren. Die Frage ist nun, wie sich die weiteren Verhandlungen über einen längerfristigen Frieden in der Region entwickeln. Wichtige Knackpunkte, wie beispielsweise die Entwaffnung der radikalislamischen Hamas und die Zusammensetzung der Regierung der Enklave, sind noch offen und es werden wohl noch einige Gespräche nötig sein, um im Hinblick auf diese Punkte eine Einigung zu erzielen.
Unterdessen verhinderten auch in dieser Woche die Sanktionen gegen Russland sowie Angriffe der Ukraine auf die russische Energieinfrastruktur einen noch stärkeren Preisrückgang an den Ölbörsen. US-Präsident Donald Trump gab zuletzt an, er werde "innerhalb der nächsten zwei Wochen oder so" erneut Gespräche über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine mit Russlands Präsident Wladimir Putin führen. Ob dieser sich von Trump allerdings ebenso zu einem Waffenstillstand drängen lässt, wie Israel und die Hamas, darf durchaus angezweifelt werden. Sollte es jedoch zu einer Entspannung des Konflikts kommen, würde der geopolitische Risikoaufschlag wohl noch stärker sinken.
Derweil geht der Shutdown der US-Regierung weiter und könnte - je länger erdauert - auch die Ölnachfrage in den USA beeinträchtigen. Davon abgesehen, konnten wegen des Shutdowns auch in dieser Woche zahlreiche wichtige US-Daten nicht veröffentlicht werden. Der US-Inflationsbericht soll nun allerdings angeblich am 24. Oktober erscheinen, also noch rechtzeitig, um dem Offenmarktausschuss der Fed die so wichtigen Informationen über die Verbraucherpreisentwicklung im September zu liefern. Dieser kommt am 28./29. Oktober zu seiner nächsten Zinssitzung zusammen. Sollten die Erwartungen der Marktteilnehmer erfüllt und eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte beschlossen werden, könnte dies die Ölpreise zumindest kurzzeitig wieder etwas steigen lassen.