
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel – USA erwägenSicherheitsgarantien für Ukraine
Das mit Spannung erwartete Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin amFreitag blieb bestenfalls eine Luftnummer. Obwohl von beiden Seiten alskonstruktiv bezeichnet, brachten die Gespräche offenbar kaum greifbareErgebnisse. Eine erhoffte Zustimmung Putins zu einem Waffenstillstand gab esnicht, aber auch keine weiteren Sanktionen.
Ein positiver Aspekt: Nach dem Treffen erklärte Trump gegenüber europäischenStaats- und Regierungschefs, die USA könnten sich an möglichenSicherheitsgarantien beteiligen und Putin sei bereit, dies zu akzeptieren.Unklar bleibt jedoch, um welche Art von Garantien es sich konkret handelt undwelche Zugeständnisse der Kreml tatsächlich akzeptieren würde. TrumpsSondergesandter Steve Witkoff sprach von einem „Artikel-5-ähnlichen“Versprechen und spielte damit auf die NATO-Klausel an, die einen Angriff aufein Mitglied als Angriff auf alle Mitgliedsstaaten wertet. Aus dem Kreml gab esdazu noch kein Statement.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die Verhandlungen weiter gehen. Heute empfängtDonald Trump erneut den ukrainischen Präsident Selenskyj im Weißen Haus undwill mit ihm über mögliche Zugeständnisse an Russland sprechen. Der ukrainischePräsident hatte Gebietsverzichte mehrfach kategorisch abgelehnt und auch ausEuropa kommt dazu überwiegend Kritik. Die Frage, wie kooperativ sich Russlandtatsächlich zeigen wird, sollten die Gebietsforderungen Moskaus nicht erfülltwerden, bleibt ebenfalls offen.
Vorerst keine Sekundärzölle für China
Während die grundsätzliche Unsicherheit im Ukraine-Konflikt am Ölmarkt damitbestehen bleibt, ist doch zumindest eine Sache klar: Die USA verzichten vorerstauf weitere Sanktionen gegen Russland und werden aktuell auch keine Strafzöllefür China verhängen. Damit bleibt Indien aktuell das einzige Land, dass wegenseiner Ölkäufe aus Russland höhere Zölle für US-Importe zahlen muss.
In einem Interview mit dem Nachrichtensender FOX News wurde Trump am Freitaggefragt, ob er nach dem Gipfel mit Russlands Präsident Wladimir Putin nunSchritte gegen Peking erwäge. Dies schloss der US-Präsident jedoch aus. „Wegender Ereignisse von heute denke ich, dass wir im Moment nicht darüber nachdenkenmüssen“, so Trump. „Vielleicht in zwei oder drei Wochen – aber jetzt nicht. DasTreffen lief sehr gut.“
In der vergangenen Woche hatte Trump zusätzliche Zölle von 25% auf indischeWaren verhängt und dies mit den anhaltenden Ölimporten Neu-Delhis begründet.Gegen China, dem zweiten wichtigen Kunden Russlands, wurden bislang keineähnlichen Maßnahmen ergriffen. Sollte es jedoch zu einer Eskalation imUkraine-Konflikt kommen, wäre China – neben Russland – das Hauptziel weitererStrafmaßnahmen. Auf dem Ölmarkt hätte dies einen bullishen Effekt, da dierussischen Ölexporte damit deutlich beschnitten würden.
Marktlage
So groß die Spannung im Vorfeld war, so schnell war am Freitagabend auch wiederdie Luft raus. Der Alaska-Gipfel endete ohne klare Ergebnisse. Weder gab eseinen Waffenstillstand, noch wurden weitere Sanktionen gegen Russland oderseine Partner verhängt. Entsprechend gering fällt heute die Reaktion an denBörsen aus.
Donald Trump selbst gab noch am Freitag an, dass er aktuell keinen Anlass fürweitere Sekundärzölle sehe, dass sich dies allerdings „in zwei oder dreiWochen“ schon wieder ändern könne. Dennoch nahmen die Sorgen vor einerUnterbrechung russischer Öllieferungen erst einmal ab.
„Im Mittelpunkt standen die möglichen Sekundärzölle gegen die wichtigstenImporteure russischer Energie. Präsident Trump hat jedoch signalisiert, dass ervorerst keine weiteren Schritte – zumindest gegen China – einleiten wird“,kommentiert Helima Croft von RBC Capital. „Damit bleibt der Status quo vorerstweitgehend bestehen“. Croft verweist jedoch auch darauf, dass Moskau nicht vonseinen Gebietsansprüchen abrücken dürfte, während die Ukraine und mehrereeuropäische Staats- und Regierungschefs einen „Land-gegen-Frieden“-Dealablehnen.
Am Ölmarkt richtet sich damit heute die Aufmerksamkeit verstärkt auf dasnächste Gipfeltreffen, diesmal zwischen Trump und dem ukrainischen PräsidentenWolodymyr Selenskyj. Letzterer steht unter Druck aus Washington, einemFriedensabkommen mit Russland zuzustimmen, das Gebietsabtretungen vorsieht.Mehrere europäische Spitzenpolitiker wollen an dem Treffen teilnehmen, umSolidarität mit Kiew zu demonstrieren, darunter auch EU-Ratspräsidentin Ursulavon der Leyen und Bundeskanzler Friedrich Merz.
„Allein die Tatsache, dass weitere Gespräche stattfinden, ist positiv“, glaubtRobert Rennie, Leiter für Rohstoff- und Kohlenstoffforschung bei WestpacBanking. Dass China von Zöllen auf russisches Öl verschont bleibe, habe zudemwohl einen dämpfenden Effekt auf die Preise gehabt, so der Experte. Dennochscheint man am Markt auch wieder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass eskeine Einigung geben wird und die USA über Kurz oder Lang doch wiederverschärfte Strafmaßnahmen einleiten werden. Bisher bleibt Indien das einzigeLand, dass konkret von Sekundärzöllen als Strafe für russische Ölimportebetroffen ist.
Insgesamt bleibt die Unsicherheit am Ölmarkt weiterhin hoch, so lange es keinekonkreten Ergebnisse im Friedensprozess gibt. Entsprechend fokussiert sich derMarkt heute auf das Treffen zwischen Trump und Selenskyj. So wie schon in denTagen zuvor, treten andere Marktfaktoren, wie etwa die Fed-Zinspolitik oder dieerwartete Angebotsschwemme in den Hintergrund. Dennoch ist vor allem letztereder unterschwellig wohl wichtigste fundamentale Marktfaktor.
In Erwartung eines mehr oder weniger starken Überangebots haben die Ölfuturesseit Jahresbeginn mehr als 10 % verloren. Nicht zuletzt durch die überraschendschnelle OPEC+ Förderanhebung und die schon länger prognostizierteFörderzunahme außerhalb der OPEC+ bleiben die Notierungen an ICE und NYMEXdamit mittel- und längerfristig unter bearishem Druck. Bei den Inlandspreisenzeichnet sich am frühen Montagmorgen zwar leichtes Aufwärtspotenzial ab, imVergleich zu Freitagmorgen ergeben sich aber durchaus noch gewissePreisabschläge.