Trump will niedrigere Preise

Trump-Kommentar drückt Ölpreise
Eigentlich hat man sich am Ölmarkt inzwischen an die typische Art der Trump’schen Kommunikation gewöhnt. Wo zu Beginn seiner Amtszeit noch fast jeder seiner nicht seltenen Kommentare zu den Ölpreisen eine Kursreaktion auslöste, blieb man zuletzt recht gelassen. Doch gestern hat es Donald Trump wieder geschafft und mit seinen Anmerkungen für Abwärtsdruck gesorgt.

Der US-Präsident sagte gestern gegenüber Reportern: „Wenn wir den Ölpreisweiter runter gedrückt kriegen, endet der Krieg [in der Ukraine].“ Weiteren Angaben, etwa auf welche Weise der Ölpreis gedrückt werden solle, machte er nicht. Allerdings, so vermutet man bei der ANZ, deuteten die Marktteilnehmer Trumps Kommentare dahingehend, dass die USA vorerst keine weiteren Sanktionen verhängen werden, womit die Sorgen über mögliche Versorgungsengpässe gemildert wurden.

EU erwägt vorgezogenes Verbot für russisches LNG
Offenbar berät die EU-Kommission über einen Vorschlag, auch das Verbot für russisches Flüssigerdgas (LNG) vorzuziehen. Der Schritt soll Teil des neuen Sanktionspakets gegen Moskau wegen des anhaltenden Kriegs in der Ukraine werden, wie ein EU-Beamter mitteilte.

Brüssel scheint damit Washington weiter entgegenkommen zu wollen, denn US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt den Druck auf die EU erhöht, Energieimporte aus Russland komplett einzustellen. Gestern hieß es, dass im Rahmen des 19. Sanktionspaketes die eigentlich bis Ende 2027 laufende Frist für den Rückzug aus russischen Energieimporten 6 Monate vorverlegt wird. Kurzfristige Verträge sollen schon ab 2026 nicht mehr möglich sein.

Diese Regelung soll nun also auch die LNG-Lieferungen nach Europa betreffen. Noch im Frühjahr hatte die Kommission Pläne verworfen, LNG-Importe direkt zu sanktionieren, und beließ es stattdessen bei dem Verbot russischer Umschlaggeschäfte in europäischen Häfen, das im 14. Sanktionspaket beschlossen worden war.

Derzeit stammen noch rund 19 % des europäischen Gasbedarfs aus Russland – vor Kriegsbeginn waren es etwa 45 %. So wie bei Öl sind es vor allem Binnenländer wie die Slowakei, Ungarn und Bulgarien, die über die TurkStream Pipeline LNG aus Russland beziehen. Doch auch Spanien, Belgien, die Niederlande und Frankreich importieren aktuell noch russisches Gas.

Der französische Energiekonzern Total Energies wollte sich zu den aktuellen Beratungen nicht äußern. Konzernchef Patrick Pouyanné hatte vergangene Woche erklärt, russisches Gas werde noch bis Ende 2027 benötigt, erst danach könne Europa ohne Preisaufschläge vollständig auf alternative Quellen umstellen.

Marktlage
Zum Ende der Handelswoche bleiben die Ölfutures unter Druck und haben die Gewinne vom Wochenanfang inzwischen größtenteils wieder wett gemacht. Am Ölmarkt reagierte man damit auf neue Forderungen des US-Präsidenten nachniedrigeren Preisen, um Russland im Ukraine-Krieg wirtschaftlich unter Druck zusetzen – auch wenn erneute Angriffe auf die russische Energie-Infrastruktur weiterhin für erhöhte Unsicherheit sorgen.

Trump erklärte, der Krieg könne beendet werden, „wenn man den Ölpreis gedrückt“ bekomme. Damit unterstrich er die Strategie, die Finanzströme aus dem Rohstoffverkäufen zu drosseln, die Moskau zur Kriegsführung nutzt. Zudem wiederholte er seine Forderung in alle Richtungen, sofort alle Energieimporte aus Russland einzustellen.

„Trumps öffentlicher Druck verleiht den Märkten eine politische Dimension, die nicht ignoriert werden kann, auch wenn er faktisch wenig Einfluss auf Preisgestaltung und Förderpolitik hat“, kommentiert Priyanka Sachdeva, leitende Marktanalystin bei Phillip Nova. Ihre übergreifende Markteinschätzung sieht zwar durch die ukrainischen Angriffe auf russische Energieanlagen weiterhin einen gewissen Risikoaufschlag, dieser reiche jedoch nicht aus, um die Belastung durch die drohende Überversorgung aufzuwiegen.

Sie fasst damit noch einmal das bestehende Spannungsfeld aus geopolitischen Risiken und schwachen Fundamentaldaten zusammen, in dem sich die Ölbörsen seit einigen Wochen befinden und somit auch in einer recht engen Preisspanne von etwa 5 Dollar gefangen bleiben. Langfristig verhindert dabei die Aussicht auf eine starke Angebotsschwemme den Ausbruch nach oben. Die IEA geht für 2026 von einem Überangebot von 3,3 Mio. B/T aus, die EIA prognostiziert immerhin noch1,5 Mio. B/T an Überhang.

Heute werden die Marktteilnehmer zum Einen auf das 19. EU-Sanktionspaket gegen Russland warten, das heute vorgestellt werden soll. Dabei versucht Brüssel offenbar, Washington durch eine verkürzte Ausstiegsfrist aus russischen Energielieferungen und strengeren Maßnahmen gegen indische und chinesische Unternehmen, die mit russischem Öl handeln, entgegenzukommen.

Zum Anderen steht ein Telefonat zwischen Trump und Chinas Staatspräsident Xi Jinping im Fokus, das am Freitag um 9:00 Uhr Washingtoner Zeit (15:00 Uhr MESZ) stattfinden soll. Marktteilnehmer erhoffen sich Signale für eine mögliche Entspannung im Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaftender Welt.

Insgesamt bleibt die fundamentale Einschätzung von unserer Seite neutral, da Donald Trumps Kommentare keine konkreten Hinweise enthielten, wie genau man die Preise drücken will. Und damit bleibt das oben beschriebene Spannungsfeld, dass die Ölpreise in ihrer engen Preisspanne hält, intakt. Bei den Inlandspreisen ergeben sich damit heute nur geringfügige Abweichungen im Vergleich zu gestern Morgen.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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