Angebotswelle schwappt über den Markt

Brasilien treibt Ölexploration an der Amazonas-Mündungvoran
Die Petrobras darf in der Region Foz do Amazonas nahe der Mündung des Amazonas-Flusses Erkundungsbohrungen durchführen. Die Umweltbehörde hat dem staatlichen Ölkonzern Brasiliens trotz der Kritik von Umweltverbänden die Genehmigung für die Arbeiten erteilt, die rund fünf Monate dauern sollen.

Die Petrobras sieht in den fraglichen Tiefseegebieten vor der Küste des Bundesstaates Amapá eine vielversprechende neue Ölfront, da sie geologisch mit den ergiebigen Offshore-Feldern im benachbarten Guyana vergleichbar sind. Ziel der Bohrungen sei es, das Potenzial für die kommerzielle Förderung in brasilianischen Gewässern zu prüfen.

Kritik kommt vor allem von Umweltorganisationen. Die Entscheidung stehe im Widerspruch zu den internationalen Klimazielen, denen man sich verpflichtet habe. Die Petrobras betont, alle Umweltauflagen erfüllt zu haben. CEO Magda Chambriard begrüßte die Genehmigung als „Erfolg für die brasilianische Gesellschaft“ und unterstrich die Hoffnung, tatsächlich Öl in der Region zu finden. Das Signal ist deutlich: Brasilien setzt trotz Klimaversprechen weiterauf fossile Energiequellen und wird seine Fördermengen auch in Zukunft weiterausbauen.

Marktlage
Die Ölbörsen bleiben weiterhin unter Druck, denn gegen das Damoklesschwert „Überversorgung“, dass über dem Markt schwebt, gibt es aktuell kein Ankommen. In diesem Zusammenhang blicken die Anleger unter anderem mit Spannung auf das für Ende der Woche geplante Treffen zwischen den USA und China, bei dem Fortschritte im Handelsstreit erwartet werden.

US-Präsident Donald Trump hatte sich am Montag optimistisch gezeigt, mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping eine Einigung zu erzielen. „Ich denke, wir werden ein sehr starkes Handelsabkommen schließen, mit dem beide Seiten zufrieden sind“, so Trump. Gleichwohl bleiben allerdings wichtige Streitpunkte über Zölle, Technologien und Marktzugang vor dem geplanten Treffen in Südkorea ungelöst.

Solange kein tatsächliches, wasserdichtes Handelsabkommen zwischen den beiden Ländern vorliegt, dürfte sich an der grundsätzlich bearishen Marktlage kaum etwas ändern, davon sind auch die Analysten bei Ritterbusch and Associates überzeugt. Ihrer Meinung nach seien Verkäufe in Phasen steigender Kurse derzeit zu bevorzugen. Zugleich bestehe jedoch weiterhin ausreichend geopolitische Unsicherheit, um das zunehmend schlechte Angebots-Nachfrage-Verhältnis zeitweise auszugleichen.

Die IEA rechnet für das kommende Jahr mit einem Angebotsüberschuss von 4 Mio.B/T am Ölmarkt, da die OPEC+-Allianz sowie Produzenten außerhalb des Bündnisses ihre Förderung ausweiten. Die Futures befinden sich auf dem Weg zum dritten Monatsminus in Folge und die Terminstruktur deutet inzwischen auf ein Überangebot hin.

„Das Angebot wächst derzeit etwa dreimal so schnell wie die Nachfrage – kurzfristig haben wir es klar mit einem Überfluss zu tun“, konstatiert Bob McNally, Präsident der Rapidan Energy Group. Das spiegelt sich auch in aktuellen Tanker-Tracking-Daten wider, die ein Rekordhoch der auf den Weltmeeren transportierten Ölmengen zeigen.

Laut Capital Economics-Analyst Hamad Hussain liegen die schwimmenden Lagerbestände – rund 95 % davon Öl in Transit – auf einem Niveau, das zuletzt während der Pandemie beobachtet wurde, als der Brent-Preis bei etwa 30 Dollar je Barrel lag.

„Die Futures bleiben unter Druck, da sich ein Angebotsüberschuss abzeichnet und die geopolitische Risikoprämie nachlässt“, meint Dennis Kissler von BOK Financial. Viele Marktteilnehmer rechneten nicht mit einem schnellen US-chinesischen Handelsabkommen, während ein mögliches Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin zur Entspannung im Russland-Ukraine-Konflikt beitragen könnte – was die Ölpreise zusätzlich belaste.

Die beiden Staatschefs könnten innerhalb der nächsten zwei Wochen zu einem weiteren Gipfeltreffen zusammenkommen. Austragungsort soll Budapest sein. Offenbar haben die beiden Außenminister Marco Rubio und Sergej Lawrow schon mit der Planung des Meetings begonnen. Was dabei herauskommen wird, bleibt allerdings offen. Die EU hat ihre Warnung wiederholt, dass Frieden nur unter Beteiligung Europas und mit Schutzgarantien für die Ukraine möglich sei.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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