Neue Verhandlungen im Ukraine-Krieg

Neuer Friedensplan – Ukraine will verhandeln
Die Hoffnungen auf neue Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg verfestigen sich. Nachdem es Mitte der Woche hieß, die USA und Russland arbeiteten an einem entsprechenden Friedensplan, hat der ukrainische Präsident diesen nun offenbar ebenfalls erhalten und will ihn mit seinem US-Amtskollegen Trump besprechen. Die Ukraine werde jeden inhaltlichen Vorschlag unterstützen, der einen „realen Frieden“ näher bringt, hieß es aus Kiew.

Noch ist der Plan, den die USA und Russland vorgelegt haben, nicht offiziell bekannt gegeben. Doch aus ukrainischen Parlamentskreisen wurden die zentralen Punkte inzwischen geleakt. Demnach müsste die Ukraine die Regionen Donezk und Luhansk an Russland abtreten, die mit der Halbinsel Krim dann als „de facto russisch anerkannt werden, auch von den Vereinigten Staaten“. Auch ein NATO-Beitritt der Ukraine wäre mit dem vorgelegten Plan ausgeschlossen. Im Gegenzug werde es aber offenbar Sicherheitsgarantien von den USA geben.

Die Kritik, die sich Washington nun gefallen lassen muss, lautet, dass der Plan Russland deutlich favorisiert. Vor allem die geforderten massiven Gebietsabtretungen der Ukraine entsprechen genau den Bedingungen, die Moskau im August bei den letzten Friedensgesprächen gestellt hatte. Damals waren die Verhandlungen geplatzt, da Washington dem Kreml nicht genügend ernsthaften Friedenswillen vorgeworfen hatte. Ob es diesmal tatsächlich zu größeren Fortschritten kommt und ob diese tatsächlich zu einer Stabilisation in der Ukraine führen können, bleibt abzuwarten.

Am Ölmarkt quittiert man die jüngsten Bemühungen aber dennoch mit sinkenden Preisen, würde doch ein Ende des Krieges vermutlich recht schnell wieder zu deutlich mehr russischem Öl auf dem Weltmarkt führen. Und selbst wenn es nicht in absehbarer Zeit zu einem Frieden kommen sollte, spricht die diplomatische Annäherung zwischen Moskau und Washington doch zumindest dafür, das mit weiteren strengen Sanktionen erst einmal nicht zu rechnen ist.

Marktlage
Mit der Aussicht auf neue Friedensverhandlungen in der Ukraine kommen die Ölbörsen zum Ende der Woche wieder unter Druck. Brent und WTI dürften damit einen deutlichen Wochenverlust markieren und haben zudem die Gewinne aus der Vorwoche wieder komplett wett gemacht.

Bearish wirkt dabei heute vor allem, dass die Ukraine überhaupt eingewilligt hat, über den von Moskau und Washington vorgelegten Plan zu verhandeln, obwohl kritische Stimmen von einer Bevorzugung Russlands sprechen. Das heutige Inkrafttreten der jüngsten US-Sanktionen gegen die russischen Energieunternehmen Rosneft und Lukoil gerät damit fast ein wenig in Vergessenheit.

„Da die Ukraine das Abkommen bislang nicht formell abgelehnt hat, belasten bereits die geringen Chancen auf eine Einigung die Preise, weil ein Friedensschluss einen großen Teil der in den Ölpreisen eingepreisten geopolitischen Risikoprämie beseitigen würde“, kommentiert IG-Marktanalyst Tony Sycamore die aktuelle Lage.

Viele Analysten bleiben jedoch skeptisch, wie schnell ein Friedensabkommen tatsächlich zustande kommen könnte. „Ein Abkommen ist alles andere als sicher“, meinen etwa die Analysten der ANZ. Immerhin habe Kiew Russlands Forderungen wiederholt als inakzeptabel zurückgewiesen. „Der Markt beginnt zudem zu zweifeln, ob die jüngsten Beschränkungen gegen die russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil wirklich wirksam sein werden.“

Auch aus europäischen Diplomatenkreisen überwiegt die Skepsis gegenüber einem möglichen Deal. Hier verweist man darauf, dass der russische Präsident Wladimir Putin schon in der Vergangenheit dazu geneigt habe, immer erst unter internationalem Druck Gesprächsbereitschaft vorzugeben. Der Kreml versuche derzeit, US-Sanktionen gegen die beiden größten Ölkonzerne des Landes abzuwenden.

Sollte es dennoch zu Fortschritten bei einem Friedensabkommen und zu einer Aufhebung der Sanktionen kommen, würde dies das Angebot weiter erhöhen – und das in einem Markt, der im kommenden Jahr ohnehin vor einem erheblichen Überschuss steht. Ob es jedoch tatsächlich so dick kommt, darf zumindest angezweifelt werden.

„Ein Friedensplan nimmt etwas von der geopolitischen Hitze aus dem Ölmarkt, ist aber kein Gamechanger“, meint etwa Haris Khurshid vom Investmenthaus Karobaar Capital. „Solange nichts Konkretes passiert, handelt es sich eher um eine kurzfristige Reaktion als um eine strukturelle Veränderung.“

Dennoch fällt die fundamentale Einschätzung mit der Aussicht auf neue Verhandlungen erst einmal wieder bearish aus – schon allein, weil die Wahrscheinlichkeit auf weitere US-Sanktionen mit einer diplomatischen Annäherung zwischen Moskau und Washington weiter sinkt. Bei den Inlandspreisen machen sich damit heute sehr deutliche Preisnachlässe im Vergleich zu gestern Früh bemerkbar.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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