US-Sanktionen gegen Russland lassen Ölpreise steigen

USA verschärfen Russland-Sanktionen
Lange hatte der Markt darauf gewartet, nun hat die US-Regierung die direkten Sanktionen gegen Russland noch einmal verschärft. Damit will man Moskau weiter in die Enge treiben, was die Beendigung des Kriegs in der Ukraine betrifft. So wurden der staatliche russische Ölkonzern Rosneft PJSC und das Ölunternehmen Lukoil PJSC auf die Sanktionsliste gesetzt.

Das US-Finanzministerium begründete die Sanktionen in einer Erklärung am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung damit, dass "Russland sich nicht ernsthaft für einen Friedensprozess zur Beendigung des Krieges in der Ukraine engagiert". Bislang hatte US-Präsident Trump versucht, Russland über Sekundärzölle abzustrafen, indem  er beispielsweise Indien Zölle für dessen Importe an russischem Öl aufbrummte und drohte, diese noch stärker anzuheben. Auch von Japan und China hatte Trump gefordert, die Energieimporte aus Russland zu beenden.

Mit Rosneft und Lukoil wurden nun die beiden größten russischen Ölkonzerne von den USA sanktioniert. Zusammen fördern die zwei Konzerne knapp die Hälfte der Rohölmengen, die Russland exportiert. Durch die neuen Sanktionen der US-Regierung dürften Moskau daher auch weitere umfangreiche Einnahmen aus dem Ölhandel verloren gehen, die in den Krieg in der Ukraine gesteckt werden können. 

Bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus gab Trump keine konkreten Gründe dafür, warum die direkten Sanktionen gerade jetzt kamen, nachdem sie so lange aufgeschoben worden waren. "Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass ich jedes Mal, wenn ich mit Wladimir spreche, gute Gespräche führe, die dann aber zu nichts führen", so der US-Präsident, der weiterhin davon überzeugt ist, dass der Krieg in der Ukraine durch Friedensverhandlungen beigelegt werden kann. Ein erneutes Treffen mit dem russischen Präsidenten in Zukunft schließt Trump nicht aus, auch wenn er zuletzt angab, dass er kein "verschwendetes Treffen" wolle und den Zweier-Gipfel, der innerhalb der nächsten zwei Wochen stattfinden sollte, erst einmal abgesagt hatte.

Das Vereinigte Königreich hatte Rosneft und Lukoil bereits vergangene Woche sanktioniert. Darüber hinaus rechnet man für den heutigen Donnerstag mit der Bekanntgabe eines weiteren Sanktionspakets der EU. Dieses soll ein Importverbot für LNG enthalten.

Marktlage
Nachdem sich die Trump-Regierung lange Zeit gelassen hatte, um weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, war es gestern soweit: Das US-Finanzministerium teilte mit, dass die beiden russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil auf die Sanktionsliste gesetzt worden seien. Bei den Rohölpreisen an den Ölbörsen führte dies zu einem Anstieg, im Zuge dessen WTI mittlerweile zum ersten Mal seit dem 10. Oktober wieder über 60 Dollar geklettert ist, während sich Brent der 65 Dollar-Marke nähert.

"Dies ist definitiv eine der bedeutenderen Maßnahmen, die die USA ergriffen haben, aber ich glaube, dass sie durch die weit verbreitete Nutzung illegaler Finanznetzwerke abgeschwächt werden", so die Einschätzung der Analystin Rachel Ziemba vom Center for a New American Security in Washington zur Wirkung der Sanktionen auf das russische Ölangebot. "China und Indien werden wahrscheinlich etwas weniger kaufen, aber es wird keinen plötzlichen Stopp für russisches Öl geben", fügt Ziemba hinzu.

Auch Thomas Graham, Fellow beim Council on Foreign Relations, ist nicht wirklich überzeugt, dass die Sanktionen Wirkung zeigen werden. "Wenn das Weiße Haus glaubt, dass dies zu einer radikalen Änderung des Verhaltens des Kremls oder der Politik Putins führen wird, macht es sich etwas vor – und ich glaube nicht, dass sie das tatsächlich glauben", meint Graham, der fortfährt: "Sanktionen wirken langsam, und der Kreml ist sehr gut darin, solche Sanktionen zu umgehen".

So bleibt abzuwarten, wie lange die neuen US-Sanktionen die Ölpreise an ICE und NYMEX stützen werden, zumal im Hinblick auf die kurzfristigen Ausfälle des kasachischen Ölangebots bereits gestern Hoffnungen auf eine baldige Erholung der Fördermengen aufkamen. Davon abgesehen werden sich die Marktteilnehmer an ICE und NYMEX in den kommenden Tagen nicht allzu weit mit tatsächlichen Käufen aus dem Fenster lehnen wollen, stehen doch nächste Woche nicht nur das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping zum Thema Handel auf der Agenda, sondern auch die Zinssitzungen von EZB und Fed.

Zwar rechnet der Markt damit, dass die US-Notenbank die Zinsen erneut um 25 Basispunkte senken wird, kurz vor Bekanntgabe der Sitzungsergebnisse halten sich die Trader jedoch für gewöhnlich bedeckt, was risikoreichere Manöver anbelangt. Abgesehen davon stehen am morgigen Freitag zunächst noch die US-Inflationsdaten für September zur Veröffentlichung an, die für die Fed ein wichtiger Entscheidungsfaktor sind.

Für den ersten Sonntag im November ist dann auch schon die nächste Videokonferenz der acht OPEC+-Länder geplant, die ihre Fördermengen seit Anfang 2024 auf freiwilliger Basis stärker gedrosselt haben als nötig. Da der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, im November nach Washington reisen will, wo er Medienberichten zufolge am 18. November im Weißen Haus mit US-Präsident Trump sprechen wird, ist durchaus denkbar, dass die OPEC8+ auch für Dezember eine weitere Lockerung der freiwilligen Zusatzkürzungen ankündigen werden. Schließlich hat Trump bereits zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Präsident von der OPEC(+) gefordert, die Produktion wieder zu erhöhen, um die Ölpreise sinken zu lassen.

Für heute dürften allerdings erst einmal die US-Sanktionen gegen Russland und dessen Reaktion darauf im Fokus stehen. Da die Sanktionen an den Ölbörsen für einen Preisanstieg sorgten, zeichnet sich heute Morgen auch bei den Inlandspreisen rein rechnerisch Potenzial für Aufschläge im Vergleich zu gestern ab.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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