Preisrally gerät ins Stocken - OPEC laut Kuwait bereit für weitere Produktionssteigerungen

Kuwait: OPEC+ bei Bedarf bereit für weitere Produktionssteigerungen
Die US-Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil sorgten am gestrigen Donnerstag für einen starken Preisanstieg an den Ölbörsen in Großbritannien und den USA. Allerdings zeigten sich bereits gestern einige Analysten skeptisch im Hinblick auf die Wirkungskraft der Sanktionen. Ein Grund dafür ist unter anderem die vorhandene Reservekapazität der OPEC. Die Organisation ist laut Aussagen Tariq Al-Roumis, dem Ölministers von Kuwait, auch bereit, ihre Produktionsmengen weiter zu steigern, sollte dies im Zuge der neuen Russland-Sanktionen nötig sein.

"Ich gehe davon aus, dass jede Entscheidung, Sanktionen zu verhängen, sich sicherlich positiv auf die Preise auswirken wird", antwortete der Minister auf eine Frage von Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters. Al-Roumi zufolge gebe es bereits Anzeichen dafür, dass sich die Nachfrage aufgrund der Sanktionen von russischem Öl zunehmen auf Öl aus der Golfregion bzw. dem Nahen Osten verschiebt.

Bereits seit Anfang des zweiten Quartals nehmen die acht Länder der OPEC+, die ihre Fördermengen seit Anfang des letzten Jahres stärker als eigentlich vereinbart drosseln, diese freiwilligen Zusatzkürzungen nach und nach wieder zurück. Zu dieser Gruppe (den OPEC8+) gehört auch Kuwait. Am 2. November steht die nächste Videokonferenz der OPEC8+ an, sodass bereits in knapp einer Woche eine weitere Lockerung der Zusatzkürzungen beschlossen werden könnte. Für den kommenden Monat wurde Anfang Oktober bereits eine weitere Produktionssteigerung von 137.000 B/T angekündigt. Die Frage ist nun, ob diese möglicherweise noch aufgestockt wird oder ob die OPEC8+ am Sonntag in einer Woche keine stärkere Steigerung für Dezember verkünden wird.

Marktlage
Die Rohölpreise an ICE und NYMEX steuern derzeit auf den stärksten Wochengewinn seit Anfang Juni zu. Zumindest auf kurze Sicht drängten sich in dieser Woche die geopolitischen Risiken wieder in den Vordergrund, wobei technische Faktoren den Preisanstieg begünstigten.

Während der Regierungs-Shutdown in den USA andauerte, rückte der Fokus in dieser Woche wieder zunehmend auf die geopolitischen Risiken im Hinblick auf den Ukraine-Krieg. So stützte bereits Anfang der Woche die Meldung über die Beeinträchtigung des Betriebs der Gasverarbeitungsanlage im russischen Orenburg, die auch zu einem Rückgang der Produktion an Kasachstans Ölfeld Karatschaganak führte.

Zudem drohten die USA Indien weiter mit einer Erhöhung der Strafzölle, sollte das Land seine Rohölimporte aus Russland nicht beenden. Mitte der Woche schwenkte die US-Regierung dann um und verhängte direkte Sanktionen gegen Russland, nachdem Präsident Trump monatelang damit gedroht, konkrete Maßnahmen dann aber immer wieder vermieden hatte.

Allerdings bleibt die Frage, wie nachhaltig die US-Sanktionen - zu denen gestern auch noch die Maßnahmen aus dem 19. Sanktionspaket der EU hinzu kamen - die Preise tatsächlich stützen werden. "Da die OPEC über Reservekapazitäten verfügt, ist eine einseitige Erholung unwahrscheinlich", meint dazu der Analyst Satoru Yoshida von Rakuten Securities, dessen Einschätzung durch die Äußerungen des kuwaitischen Ölministers untermauert werden, welcher angab, dass die OPEC ihre Fördermengen bei Bedarf weiter steigern würde.

Yoshida weist außerdem darauf hin, dass die Käufe, die die US-Sanktionen und die damit einhergehenden Sorgen über eine mögliche knappe Versorgungslageauslösten, heute Morgen bereits wieder nachgelassen haben. Seiner Ansicht nachdürfte WTI in naher Zukunft innerhalb einer Spanne zwischen 60 und 70 Dollargehandelt werden.

Bevor der nächste Produktionsbeschluss der OPEC8+ ansteht (2. November), werden kommende Woche aber erst einmal die beiden Zinssitzungen von EZB und Fed, sowie das Gespräch zwischen US-Präsident Trump und Chinas Staats- und Regierungschef Xi Jinping über die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China in den Fokus rücken. Weitere Zinssenkungen und Fortschritte im Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt wären stützende Faktoren für die Ölpreise.

Am heutigen Freitag wird das Hauptaugenmerk der Trader wohl aber erst einmal auf dem US-Inflationsbericht für September liegen, der trotz des US-Shutdowns heute um 14:30 Uhr veröffentlicht werden soll. Der Bericht ist für die Fed ein wichtiger Entscheidungsfaktor bei der Gestaltung der weiteren Zinspolitik, welche wiederum Einfluss auf die Konjunktur und damit auch die Ölnachfrage der USA hat. Aktuell notieren die Ölfutures an ICE und NYMEX leicht unterhalb der Vortageshochs, sodass sich bei den Inlandspreisen rein rechnerisch weiterhin Potenzial für Aufschläge im Vergleich zu gestern abzeichnet.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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