Russland beschränkt Produktexporte – Ölfutures erneut auf Mehrwochenhochs

Trump drängt Türkei zur Aufgabe von russischen Energieimporten
US-Präsident Donald Trump hat sich gestern mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan getroffen und ihn aufgefordert, den Import von russischen Energieimporten komplett einzustellen. Im Gegenzug versprach er, die amerikanischen Sanktionen gegen Ankara aufzuheben, um unter anderem den Erwerbmoderner F-35-Kampfjets zu ermöglichen.

Trump hatte zuletzt seinen Druck auf die EU und die NATO-Staaten erhöht, den Import von russischem Öl komplett einzustellen. Erst wenn dies der Fall sei, werde auch er harte Sanktionen gegen Moskau verhängen, um die Finanzierungsquellen für den Krieg in der Ukraine auszutrocknen. Die Frage, ober glaube, dass die Türkei tatsächlich auf russisches Öl verzichten werde, bejahte Trump und verwies darauf, dass Ankara zahlreiche andere Bezugsmöglichkeiten habe.

Die Türkei pflegt enge Beziehungen sowohl zu Russland, als auch zur Ukraine, hat eine Beteiligung an westlichen Sanktionen bisher aber immer abgelehnt. Entsprechend bezieht Ankara weiterhin in großem Umfang Energielieferungen von Moskau. 2024 kamen allein 66 % aller türkischen Ölimporte aus Russland, bei Gas waren es 41 %. Ob Trumps Anreize und Versprechungen ausreichen, um Erdogan tatsächlich zu einem Importstop zu bewegen, bleibt abzuwarten.

Russland beschränkt Benzin- und Dieselexporte
Russland führt bis Jahresende ein teilweises Exportverbot für Diesel ein und verlängert zugleich das bereits geltende Exportverbot für Benzin. Das erklärte Vizepremier Alexander Nowak am Donnerstag. Hintergrund sind die anhaltenden ukrainische Drohnenangriffe auf russische Raffinerien, die die Produktion empfindlich getroffen haben.

Nach Angaben von Branchenvertretern ist die Ölverarbeitung im Land an einzelnen Tagen um fast ein Fünftel eingebrochen, was die Exporte über wichtige Häfen deutlich verringerte. Der Rückgang der Raffineriekapazitäten bringt Moskau nacheigenen Angaben in die Nähe einer Kürzung der Rohölförderung. Mehrere Regionen des Landes berichten bereits von Engpässen bei bestimmten Kraftstoffsorten.

Nowak sprach von einem „kleinen Defizit“ bei Ölprodukten, das jedoch durch Lagerbestände ausgeglichen werde. Um den heimischen Markt besser mit Treibstoffen versorgen zu können, werde man „das Exportverbot für Benzin bis Jahresende verlängern und auch den Diesel-Export für Nicht-Produzentenuntersagen“. Die Ausfuhrbeschränkungen bei Diesel gelten demnach für Zwischenhändler, aber nicht für Produzenten, während das Benzin-Exportverbots obwohl Produzenten als auch Händler betrifft.

Marktlage
In der zweiten Wochenhälfte bleiben die geopolitischen Entwicklungen in und um Russland das Hauptthema und verhelfen den Rohölfutures zu deutlicher Aufwärtsdynamik. Auch am letzten Handelstag der Woche verteidigen die Kurse ihre Gewinne von gestern und steuern so auf den stärksten Wochengewinn seit Juni zu.

„Die Gewinne wurden gestützt durch die anhaltenden ukrainischen Drohnenangriffe auf russische Ölanlagen, die Warnung der NATO an Moskau vor weiteren Luftraumverletzungen sowie durch Russlands Schritt, wichtige Treibstoffexporte zu stoppen“, erklärt Analyst Tony Sycamore vom Brokerhaus IG die aktuelle Marktlage. Vor dem Hintergrund dieser bullishen Faktoren dürften die Anlegerauch heute eher auf steigende Preise setzen.

Parallel hat der US-Präsident den Druck auf die Länder erhöht, die immer noch Öl und Gas aus Russland einführen. Er forderte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf, keine russischen Öllieferungen mehr zu kaufen und sprach mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán über Energiesicherheit.

Noch Anfang der Woche hatte Trump bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen die NATO-Staaten und explizit auch jene europäischen Staaten kritisiert, die angesichts des Krieges in der Ukraine immer noch russisches Öl importieren. Dabei habe gerade die Türkei „viele Optionen“, während Ungarn und die Slowakei als Binnenländer „an eine Pipeline gebunden“ seien, so Trump vor Reportern im Weißen Haus.

Trotz der jüngsten Kursgewinne sind die Ölnotierungen immer noch nicht aus ihrer engen Handelsspanne ausgebrochen, in der sie sich seit Anfang Augustbewegen. Die Anleger an ICE und NYME wägen weiterhin zwischen den bearishen Angebotsaussichten und den zunehmenden geopolitischen Risiken ab. Prognosen, unter anderem die der Internationalen Energieagentur (IEA), gehen für den weiteren Jahresverlauf von einem deutlichen Überschuss aus – getragen von höheren Fördermengen der OPEC+-Gruppe sowie Produzenten außerhalb des Kartells, insbesondere in Amerika.

Zudem könnten die globalen Liefermengen zunehmen, sollte es tatsächlich zu einer Wiederaufnahme der Exporte aus der kurdischen Autonomieregion im Irakkommen. Aus dem Irak heißt es, der Restart der seit Jahren stillstehenden Kirkuk-Ceyhan-Pipeline sei für Samstag geplant. Falls dies der Wahrheit entspricht, sollen zunächst wieder 230.000 B/T auf den Markt kommen, später könnte das Volumen auf bis zu 500.000 B/T steigen.

Solange es allerdings bei Versprechungen bleibt, fällt auch die bearishe Wirkung des angeblichen Pipeline-Restarts gering aus. Insgesamt fällt die Einschätzung der fundamentalen Ausgangslage auch heute bullish aus, denn nach wie vor ist die Stabilität der Lieferströme aus Russland eines der Hauptthemen am Ölmarkt.

Mit dem gestern verhängten Exportverbot für Diesel haben auch die Mitteldestillate an ICE und NYMEX einen bullishen Impuls erhalten, was sich wiederum auf die Inlandspreise auswirkt. Diese orientieren sich zwar im frühen Handel leicht nach unten, weisen aber im Vergleich zu Donnerstag früh erneut klare Preisaufschläge auf.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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