
Indien: US-Sanktionen in Kraft getreten
Um Mitternacht war es soweit und die neuen US-Strafzölle für Indien sind in Kraft getreten. Der Basiszollsatz hat sich damit von 25 % auf 50 % verdoppelt, wobei es dabei auch Ausnahmen, beispielsweise für Elektronik gibt.
Hintergrund ist bekanntlich die Weigerung Indiens auf russisches Rohöl zu verzichten, womit indirekt der Krieg in der Ukraine finanziert wird. Die indischen Raffinerien planen für die Zeit ab Oktober mit Importen von 1,4 bis1,6 Mio. B/T aus Russland und damit weniger als in der ersten Jahreshälfte, als das Land noch 1,8 Mio. B/T aus Moskau einkaufte. Für die USA ist dies aber scheinbar nicht ausreichend, um von Strafzöllen abzusehen.
Vor dem Angriff auf die Ukraine und den Sanktionen gegen russisches Öl hatte Indien so gut wie kein Rohöl aus Russland bezogen, da der Transportweg deutlich länger und teurer ist im Vergleich zu den alternativen Lieferanten aus dem Nahen und Mittleren Osten. Mit den Preisabschlägen für russisches Öl rentiert sich der aufwendigere Transport für indische Raffinerien aber mittlerweile.
Die Regierung in Neu Delhi hat den Import russischen Öls bisher nicht untersagt, so dass die Raffinerien weiterhin ihre Lieferanten rein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten aussuchen. Solange der Gesamtpreis für russisches Öl deutlich günstiger ist, werden die indischen Unternehmen wohlweiter Öl aus Moskau beziehen.
„Die Sekundärzölle sind noch nicht hoch genug, um Indien davon abzuhalten russisches Öl zu kaufen. Der Markt wird beobachten wieviel Öl künftig aus Russland nach Indien geliefert wird, um den Einfluss der Sekundärzölle abzuschätzen, wenn er überhaupt vorhanden ist,“ so Analyst Warren Patterson, von der ING.
Die Sanktionen der USA werden das Handelsvolumen und das Wirtschaftswachstum der USA aber vor allem Indiens negativ beeinflussen. Damit sinkt der zu erwartende Energiebedarf und somit auch die Ölnachfrage, während Indien weiter Öl aus Russland bezieht und das Angebot am Weltmarkt durch die Maßnahme erst einmal nicht beeinflusst wird. Entsprechend haben die neuen Sanktionen gegen Indien einen bearishen Einfluss auf die Märkte – zumindest so lange Indien seine Importe aus Russland nicht stoppt oder drastisch kürzt.
Russland: Exportpläne angehoben
Die Ukraine nimmt immer wieder russische Ölanlagen ins Visier und schafft es dabei die Anlagen schwer zu beschädigen. In den letzten Wochen hat dies die Exportfähigkeiten Moskaus spürbar reduziert, was sich bullish auf die Weltmarktpreise auswirkt.
Russland kommt aber bei den Reparaturen einiger Anlagen schneller voran als ursprünglich angenommen. So soll die Raffinerie in Volgograd etwa eine Woche früher ihren Betrieb aufnehmen können und schon zum 10. September mit voller Kapazität produzieren – sofern die Raffinerie nicht erneut getroffen wird.
Die Fortschritte bei der Wiederherstellung von Produktions- und Exportfähigkeiten veranlasst Moskau nun dazu die Exportpläne zu korrigieren. Die westlichen Häfen werden im August wohl 200.000 B/T mehr an Öl verschiffen als ursprünglich angesetzt, so drei Informanten, die mit den Verladeplänen vertraut sind.
Goldman Sachs sieht deutliches Abwärtspotenzial in 2026
Die Analysten bei der US-Investmentbank gehen weiterhin davon aus, dass sich eine erheblich Überversorgung am Ölmarkt zum vierten Quartal 2025 bis in 2026 hinein bilden wird. „Wir rechnen mit einer Ausweitung des Überangebots auf durchschnittlich 1,8 Mio. B/T in Q4 2025 bis Q4 2026, was bis Ende 2026 in einem Anstieg der globalen Ölbestände um 800 Mio. Barrel resultieren wird.“
Die Lager der OECD Länder werden der Einschätzung nach etwa ein Drittel bzw.ca. 270 Mio. Barrel aufnehmen. Brent, das momentan in einer bullishen Backwardation Konstellation verharrt, wird im kommenden Jahr in eine bearishe Contango Konfiguration wechseln, so die Erwartungen der Goldman Analysten. Der Durchschnittspreis für Brent wird dann bei 62 Dollar gesehen, wobei zum Ende des Jahres 2026 auch ein Abrutschen in den unteren Bereich der 50 Dollar möglich sei.
Sollte China die Situation nutzen und das Aufstocken seiner strategischen Ölvorräte von 0,4 auf 0,8 Mio. B/T steigern, könnte dies den Ölpreis um bis zu 6 Dollar höher ausfallen lassen, so die Einschätzung der Experten.
Marktlage
US-Präsident Trump hat die angedrohte Verdoppelung der Importzölle gegen Indien in Kraft treten lassen. Neu Delhi zeigt sich davon aber unbeeindruckt und will weiter russisches Öl kaufen, sodass das Ölangebot am Weltmarkt durch die Maßnahmen nicht sinkt. Dafür aber haben die Zölle wohl einen negativen Einfluss auf Wirtschaftswachstum und Ölverbrauch, was sich entsprechend bearish auf die Ölbörsen auswirkt.
USA und Indien werden sicherlich weiter am Ball bleiben und entweder die Sanktionen weiter verschärfen, womit sich auch der bearishe Effekt verstärkt oder Indien reduziert die Ölimporte aus Moskau erheblich, was dann wiederum bullish wirken würde.
Gleichzeitig schafft es Russland wohl mehr Öl zu exportieren als ursprünglich geplant, sodass es insgesamt keine Sorgen bezüglich nachhaltiger Versorgungsprobleme gibt, insbesondere in Anbetracht dessen, dass die OPEC+ im kommenden Monat ihre Förderung weiter steigern wird.
„In der letzten Woche oder so wurde viel von den Friedenserwartungen in der Ukraine ausgepreist, aber der Markt ist noch nicht bereit eine Risikoprämie für erhebliche Angebotsausfälle einzupreisen,“ so die Analystin Vandana Hari, von Vanda Insights.
Die langfristige Markteinschätzung bleibt weiter bearish, was auch der Kommentar der Goldman Sachs Analysten zeigt. Diese rechnen mit einer erheblichen Überversorgung, die sich ab kommenden Quartal etabliert und schließlich auch zu einer bearishen Contango-Konfiguration bei Brent führen könnte.
Die leicht bullishen Bestandsveränderungen des API haben dabei keinen großen Einfluss auf die Marktpreise, weshalb Trader hier auf die Zahlen des DOE am Nachmittag warten. Auch der Streit zwischen Trump und der Fed ist weiter im Auge zu behalten, kann dieser doch für Unruhe an den Finanzmärkten sorgen.