Tauwetter im US-Chinesischen Handelsstreit

China und USA einigen sich auf Rahmenvertrag im Handelsstreit
In wenigen Tagen ist es so weit und der US-Präsident Donald Trump trifft seinen Amtskollegen Xi Jinping in Südkorea – ein mit großer Spannung erwartetes Zusammentreffen, könnte es doch vielleicht das Ende der Zollstreitigkeiten zwischen den beiden Ländern bringen. Die Weichen dafür scheinen gelegt, denn sowohl aus Peking, als auch aus Washington hieß es am Sonntag, man sei zu einer vorläufigen Einigung gelangt.

Nach Abschluss der hochrangigen Vorverhandlungen in Malaysia bestätigte Li Chenggang, Vizesekretär im chinesischen Handelsministerium, beiden Seiten hätten einen einstweiligen Konsens zu Themen wie Exportkontrollen, Fentanyl und Schifffahrtsabgaben erzielt. Und auch US-Finanzminister Scott Bessent sprach von positiven Verhandlungen und erklärte Trumps Drohung von 100% Zöllen auf chinesische Waren sei „de facto vom Tisch“. Gleiches gelte wohl auch für ein Exportkontrollsystem für seltene Erden, das China angekündigt hatte.

Damit scheint ein Rahmenvertrag festgeklopft, den die beiden Staatschefs am Donnerstag in Südkorea nur noch finalisieren müssen. Trump zeigte sich im Vorfeld zuversichtlich und stellte einen seiner typischen „Deals“ in Aussicht, den man mit China machen werde. Nicht nur die Finanzmärkte reagieren mit Erleichterung auf die Annäherung zwischen den beiden Wirtschaftsmächten. Auch am Ölmarkt beobachtet man die Entwicklung genau, denn ein Ende des Handelsstreits wäre für die Nachfrageentwicklung der beiden größten Ölverbraucher der Welt durchaus positiv zu bewerten.

Kreml hat noch Interesse an Präsidentengipfel
Der Kreml hat am Sonntag Berichte zurückgewiesen, wonach das Treffen zwischen den beiden Staatspräsidenten Putin und Trump abgesagt sei. Der Kreml-Sprecher betonte stattdessen erneut, dass für einen solchen Schritt Vorbereitungen notwendig seien. Washington hatte hingegen letzte Woche sehr klar kommuniziert, dass das geplante Treffen in Budapest gecancelt ist und stattdessen erstmals seit langem wieder strenge Sanktionen gegen Russland verhängt.

Davon wollte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Wochenende aber nichts wissen. Er bestand darauf, dass der Gipfel nur verschoben, nicht aufgehoben sei. „Präsidenten treffen sich nicht um des Treffens willen, sie können ihre Zeit nicht einfach verschwenden“, so Peskow. Der Prozess sei kompliziert, zumal die US-Sanktionen gegen Lukoil und Rosneft ein „unfreundlicher Schritt“ gewesen seien. Russland strebe dennoch weiterhin freundschaftliche Beziehungen zu allen Ländern an, auch zu den Vereinigten Staaten.

Marktlage
Zum Start in die neue Woche sind die neuen Sanktionen gegen Russland wieder etwas in den Hintergrund gerückt. Stattdessen richtet sich der Fokus in dieser Woche auf die Handelsgespräche zwischen den USA und China, nachdem am Wochenende offenbar der Rahmenvertrag für ein neues Handelsabkommen verabschiedet werden konnte.

Spitzenunterhändler beider Seiten erklärten, man habe sich in mehreren entscheidenden Punkten geeinigt und damit den Weg für ein Abkommen freigemacht, das US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Donnerstag finalisieren könnten. Damit schwinden Marktbefürchtungen, dass Strafzölle und Exportbeschränkungen zwischen den beiden größten Ölverbrauchern der Welt das globale Wirtschaftswachstum belasten könnten.

Ganz haben die Marktbeobachter die Sanktionen gegen Russland aber noch nicht abgeschüttelt. So meint etwa Marktanalyst Tony Sycamore von der IG, das positive Signal aus den Handelsgesprächen kompensiere Sorgen, Russland könne die jüngsten US-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil unterlaufen, indem es größere Rabatte anbiete und Schattenflotten einsetze, um Käufer anzulocken. Und auch Yang An von Haitong Securities warnt, dass erneut Überangebotsrisiken entstehen könnten, sollten die Sanktionen weniger Wirkung zeigen als erwartet.

In der letzten Woche hatten sich die Ölpreise schlagartig von ihrem Fünfmonatstief erholt, als die USA die beiden größten russischen Energiekonzerne Lukoil und Rosneft auf die Sanktionsliste setzten. Brent legte in der Reaktion darauf fast 8% zu. Allerdings bleibt die erwartete Angebotsschwemme in ihren erwarteten Auswirkungen so stark bearish, dass die Preisrally schon am Freitag ausgebremst wurde – zumal OPEC-Mitglied Kuwait an die enorme Reservekapazität des Förderbündnisses erinnerte, mit dem jede Angebotsknappheit aus Russland ausgeglichen werden könne.

„Die Hoffnung auf ein baldiges Handelsabkommen zwischen den USA und China ist positiv für die Stimmung in Bezug auf die Wirtschaft und die Ölnachfrage – und sie verstärkt heute Morgen die Risikoaufschläge im Zusammenhang mit Russland“, kommentiert Ölmarktexpertin Vandana Hari, Gründerin des Analysehauses Vanda Insights in Singapur. „Doch das Überangebot im Markt dürfte die Gewinne begrenzen. Brent könnte in seine frühere Komfortzone im hohen 60-Dollar-Bereichzurückkehren.“

Zu den wichtigen Marktfaktoren gesellt sich in dieser Woche neben Handelsstreits, Sanktionen und Angebotsüberschuss außerdem wieder die Zinspolitik, denn sowohl die Fed, als auch die EZB treffen sich in dieser Woche zum Zinsentscheid. Vor allem in den USA wartet man gespannt auf die Ergebnisse am Mittwochabend, da wahrscheinlich eine weitere Zinssenkung beschlossen wird. Sicher ist das allerdings nicht, denn die Fed hatte es diesmal wegen des US-Shutdowns nicht gerade leicht, eine fundierte Entscheidung zu treffen, da zahlreiche wichtige Statistiken, darunter auch die Arbeitsmarktdaten ausfielen.

Insgesamt fällt die fundamentale Einschätzung am Ölmarkt heute kurzfristig leicht bullish aus, da Sanktionen und Tauwetter im Handelsstreit preisstützendwirken. Langfristig hat sich aber an der stark bearishen Angebotslage kaum etwas verändert. Bei den Inlandspreisen ergeben sich heute jedoch in den meisten Regionen sehr klare Preisaufschläge im Vergleich zu Freitagmorgen.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

Die Lienert + Ehrler AG übernimmt keine Haftung für Vollständigkeit und Richtigkeit der auf dieser Seite publizierten Informationen.