OPEC+ bleibt ihrer neuen Linie treu

OPEC+: Förderanhebung wohl auch im Dezember
Die OPEC+ dürfte bei ihrem Treffen am Wochenende nach aktuellem Stand eine weitere moderate Ausweitung der Ölproduktion beschließen. Das berichteten gestern mehrere Delegierte aus dem Umfeld des Bündnisses.

Demnach dürfte bei der am Sonntag stattfindenden Videokonferenz der acht OPEC+ Länder, die aktuell noch freiwillig Förderkürzungen umsetzen, eine weitere Anhebung der Fördermengen um 137.000 B/T verabschiedet werden. Diese Menge entspricht der Anhebung, die auch schon für Oktober und November beschlossen worden war.

Allerdings gelten die Pläne noch nicht als endgültig. Die Ölpreise stehen weiterhin unter Druck: Anzeichen einer drohenden Überversorgung, eine schwächelnde Nachfrage in China sowie neue US-Sanktionen gegen Russland, einem zentralen OPEC+-Partner, sorgen für Unsicherheit. Die Entscheidung könnte zudem vom Ausgang der Handelsgespräche zwischen den USA und China abhängen, so einer der Delegierten.

Überraschend wäre eine weitere Förderanhebung für Dezember nicht, denn die Strategieänderung der OPEC+, die vor allem von Saudi-Arabien vorangetrieben wurde, scheint ja zu funktionieren. Das Bündnis hatte im April damit begonnen, die umfangreichen Förderkürzungen der letzten Jahre schrittweise zurückzufahren. In mehreren monatlichen Tranchen haben die acht OPEC+-Mitglieder ihre täglichen Produktionsziele bisher um insgesamt mehr als 2,7 Mio. B/T erhöht, also gut 2,5 % der weltweiten Versorgung.

Allerdings bleibt Russlands Haltung zu der neuen Strategie im Auge zu behalten, denn mit den jüngsten, strengen Sanktionen der USA und der EU hat sich die Ausgangslage durchaus verändert. Schon in der Vergangenheit hatte sich immer wieder abgezeichnet, dass Moskau nicht ganz mit Riad auf einer Linie war, wenn es um die Höhe der Förderanhebungen ging. Mit den neuen Restriktionen dürfte Russland nicht gerade erpicht darauf sein, mehr Menge am Markt platzieren zu müssen.

Marktlage
Nach zwei Verlusttagen in Folge stabilisieren sich die Rohölfutures an ICE und NYMEX heute. Der Fokus am Markt liegt dabei heute auf der OPEC+ und dem möglichen Handelsabkommen zwischen den USA und China, während die Marktteilnehmer auch weiterhin die Wirksamkeit der neuen Sanktionen gegen Russland abwägen.

Einem weiteren Preisauftrieb wirkt entgegen, dass die OPEC+ laut Insiderangaben im Dezember einen weiteren moderaten Förderanstieg um 137.000 B/T ins Auge fasst. Das Förderbündnis hatte seine Produktion mehrere Jahre teils massiv gedrosselt, um den Markt zu stabilisieren. Seit April werden die Kürzungen jedoch schrittweise wieder zurückgenommen, beginnend mit den freiwilligen Zusatzkürzungen, an denen sich acht der 23 Mitgliedsländer beteiligen.

Unterstützung erhalten die Preise hingegen durch die Aussicht auf Fortschritte im Handelsstreit zwischen den beiden größten Ölverbrauchern der Welt. US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping wollen sich am Donnerstag in Südkorea treffen. Dabei könnte offenbar ein neues Handelsabkommen finalisiert werden, auf dessen Rahmen sich die beiden Länder im Vorfeldgeeinigt haben sollen.

Erst letzte Woche hatten die beiden Rohölfutures ihre größten Wochengewinne seit Juni verzeichnet, nachdem die USA erstmals in Trumps zweiter Amtszeit Sanktionen gegen Russland verhängt hatten, darunter Maßnahmen gegen die beiden größten Ölkonzerne Lukoil und Rosneft. Vor allem letztere hatten zuletzt auch im Inland für Unruhe gesorgt, da die deutsche Tochter der Rosneft nicht von den Sanktionen ausgenommen ist.

Das unter Treuhandverwaltung stehende Unternehmen ist aber nach wie vor Hauptanteilseigner der wichtigen PCK-Raffinerie in Schwedt, die für Berlin und Brandenburg von entscheidender Bedeutung ist, weshalb die Bundesregierung aktuell unter Hochdruck nach einer Ausnahmeregelung mit Washington sucht. Möglicherweise könnte eine solche inzwischen gefunden sein, zumindest für eine erste Frist von sechs Monaten, die die US-Regierung Deutschland in Aussichtgestellt haben soll.

Für die globalen Ölmärkte markieren die Sanktionen eine „klare Verschiebung von Überangebotsängsten hin zu Störungsrisiken“, meint Charu Chanana, Chefstrategin bei Saxo Markets. „Dennoch könnte der Markt dies eher als kurzfristige geopolitische Prämie denn als nachhaltigen Preistreiber einstufen – sofern die Sanktionen nicht stärker greifen oder alternative Lieferungen ausbleiben.“

Dafür spricht, dass der Ölmarkt trotz der jüngsten Erholung auf den dritten Monatsverlust in Folge zusteuert. Befürchtungen über ein Überangebot lasten weiter auf den Preisen, da die OPEC+ und konkurrierende Förderländer ihre Kapazitäten hochfahren. Zudem spricht das Tauwetter im US-chinesischen Handelsstreit für eine stabilere Nachfrageerwartung, die ebenfalls bearish auf die Preise wirkt.

In diesem Zusammenhang dürften die Anleger auch auf die Fed-Zinsentscheidung warten, die morgen Abend ansteht. Laut der Markterwartung wird die US-Notenbank auch in diesem Monat wieder eine Zinssenkung veranlassen, die sich positiv auf die Konjunktur und damit auch auf die Ölnachfrage auswirken würde. Allerdings dürfte die Entscheidungsfindung für die Fed in diesem Monat schwieriger sein als sonst, da aufgrund des Regierungs-Shutdowns in den USA zahlreiche wichtige Datenveröffentlichungen ausgefallen sind – so etwa auch der für die Fed besonders wichtige Arbeitsmarktbericht.

Aus fundamentaler Sicht fällt unsere Einschätzung heute neutral aus, da kurzfristig bullishe Faktoren wie Handelsgespräche zwischen China und den USA oder auch die Russland-Sanktionen durch die weiterhin durch und durch bearishe Aussicht auf ein Überangebot ausgeglichen werden. In diese Kerbe schlägt heute vor allem die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Produktionsanhebung der OPEC+ im Dezember.

Bei den Inlandspreisen sorgt der neuerliche Anstieg des Euro heute früh für ein gewisses Abwärtspotenzial, vor allem im Vergleich zu den Preishochs von gestern Abend. Im Vergleich zu Montagfrüh bleiben aber dennoch signifikante Preisaufschläge stehen.

Daniel Ehrler
Die Marktnews beziehen sich auf die Entwicklung der internationalen Rohöl- und Produktnotierungen. Die effektive Preisentwicklung in der Schweiz kann aufgrund von weiteren Einflussfaktoren wie Transportkosten, Rheinfrachten oder Dollarkurs jedoch abweichen.

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