
US-Sanktionen – Indien importiert mehr russisches Öl
Trotz der Verdoppelung der Importzölle für indische Waren seit Mittwoch haben die USA scheinbar keinen Erfolg darin Indien von einem Verzicht auf russisches Öl zu überzeugen. Drei Insidern zu Folge, die mit den Zahlen zu Verladeprogrammen vertraut sind, reagiert Indien nun sogar mit einer Steigerung der russischen Ölimporte.
Für September ist demnach eine Steigerung der Importe um etwa 10 bis 20 % im Vergleich zu August geplant, was ungefähr 150.000 bis 300.000 B/T entspricht. In den ersten 20 Tagen des August sollen 1,5 Mio. B/T von Russland nach Indien geliefert worden sein. Wegen ukrainischer Angriffe auf russische Raffinerien sind rund 17 % der Verarbeitungskapazitäten offline, sodass im September vermutlich mehr Rohöl für den Export zur Verfügung steht.
Der Preis für russische Ware ist wegen der Sanktionen gegen Moskau günstiger, da nur noch wenige Länder bereit sind russisches Öl zu kaufen. Im Wesentlichen sind es nur noch Indien und China die größere Mengen beziehen. So lange von der Regierung in Neu Delhi keine politische Intervention kommt, die den Bezug von russischem Öl einschränkt, werden die Raffineriebetreiber wohl weiter nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln und das günstigere russische Öl bevorzugt kaufen.
Iran: EU reaktiviert scharfe Sanktionen
Die EU hat in den letzten Tagen und Wochen weiter mit dem Iran über dessen Atomprogramm verhandelt. Dabei scheint man sich nun derart festgefahren zuhaben, dass man die ursprünglich 2015 ausgesetzten scharfen Sanktionen wieder einführen will.
Damals hatte es zusammen mit den USA ein Abkommen gegeben, dass die Überwachung der iranischen Urananreicherung regelte. 2018 traten die USA in Trumps erster Amtszeit aus diesem Abkommen einseitig aus, während die Länder der EU formal weiter an den Verträgen festhielten.
Im Juni diesen Jahres bombardierten die USA in Zusammenarbeit mit Israel schließlich Irans Atomanlagen und beschädigten diese schwer. Seitdem gibt es für die IAEA (International Atomic Energy Agency) keinen Zugang mehr zu den Atomanlagen des Iran. Von dem angereicherten Material fehlt bisher jede Spur, da man die beschädigten Anlagen nicht besichtigen kann / darf, es aber auch Anzeichen gibt, dass das Material vor den Bombardierungen - zumindest teilweise- an andere Orte verbracht wurde.
Hatte der Iran Anfang 2024 noch etwa 121,5 Kg hochangereichertes Uran, so waren es Anfang 2025 ca. 274,8 Kg. Ende Mai sollen es dann schon 408,6 Kg gewesen sein. Seitdem hat die IAEA keine Inspektionen mehr durchgeführt, so dass nicht bekannt ist, was mit dem Material passiert, wo sich dieses befindet und wie viel der Iran hat.
Die strikte Weigerung des Irans die Inspektoren nach den US-Angriffen wieder ins Land zu lassen sehen Frankreich, das Vereinte Königreich, Deutschland und die EU als einen groben Verstoß gegen die aus ihrer Sicht noch gültigen Verträge aus 2015. Man hat daher nun eine Frist von 30 Tagen aktiviert, nach deren Ablauf die Sanktionen wieder eingesetzt werden, die man mit dem Atomabkommen 2015 beendet hatte. Diese haben dann das Potenzial die iranischen Ölexporte stark einzuschränken.
Während die USA die Entscheidung begrüßt kritisiert der Iran diesen Schritt aufs Schärfste. Der iranische Außenminister bezeichnete die Maßnahmen als „ungerechtfertigt, illegal und ohne jede rechtliche Grundlage.“ Sollte die UN die strengen Sanktionen vor 2015 wieder einsetzen, hat Teheran damit gedroht aus dem internationalen Atomwaffensperrvertrag auszutreten.
Trump unzufrieden mit Russland
Schon in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurde Kiew von zahlreichen russischen Drohnen getroffen. Mindestens 21 Menschen, darunter auch einige Kinder, sollen bei der Attacke auf zivile Gebäude ums Leben gekommen sein.
Am gestrigen Abend hatte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Caroline Leavitt, klargestellt, dass Trump enttäuscht über die Geschehnisse sei. „Er war nicht glücklich über diese Nachrichten, aber er war auch nicht überrascht,“ so Leavitt. Trump selbst äußerte sich nicht direkt öffentlich zu den neuen Entwicklungen, Leavitt aber kündigte ein Statement des US-Präsidenten später am Tag an.
Der Markt reagierte sensibel auf diese Ankündigung, da dies wohl vor allem andeutet, dass Trump den Druck auf Russland weiter erhöhen will. Auch wenn das Statement Trumps bisher ausblieb, so hatte Leavitts Ankündigung am späten Abend gestern die Notierungen an ICE und NYMEX nach oben schnellen lassen.
Marktlage
Den USA steht mit dem US-Labor Day ein langes Wochenende bevor. Die Reiseaktivität wird dann noch einmal hoch sein, jedoch markiert dieser Feiertag traditionell auch das Ende der nachfrageintensiven Sommersaison.
Im Anschluss werden die Wartungsarbeiten an den Raffinerien zunehmen und die Ölnachfrage zunächst einmal sinken. Gleichzeitig plant die OPEC+ im September bekanntlich eine Produktionssteigerung umzusetzen, weshalb Analysten aber auch Institutionen wie IEA und EIA in den kommenden Monaten mit einer Überversorgungrechnen. Das wird die Preise an ICE und NYMEX belasten und sorgt für eine bearishe Grundstimmung.
„Wir erwarten, dass das ab September steigende Ölangebot der OPEC+ und ein saisonaler Rückgang der weltweiten Raffinerieaktivität in den kommenden Monaten zu einem Anstieg der weltweiten Ölvorräte führen werden. Wir prognostizieren, dass Brent im vierten Quartal 2025 auf 63 Dollar fallen wird“, so die entsprechende Einschätzung von Analyst Vivek Dhar, von der Commonwealth Bank of Australia.
Behält Dhar Recht, so würde Brent, das aktuell bei etwa 68,24 Dollar notiert, auf den niedrigsten Stand seit Juni diesen Jahres rutschen. Die Citigroup rechnet mit einer ähnlichen Entwicklung. Im aktuellen Quartal soll Brent demnach einen Durchschnittspreis von 66 Dollar haben und im letzten Quartal des Jahres dann auf 63 Dollar abrutschen, so die Einschätzung der Bank.
Trotz der bearishen Marktaussichten gibt es auch Faktoren, die dafür sorgen, dass sich die Marktteilnehmer mit Short-Positionen zurückhalten. Die EU will in den kommenden Monaten scheinbar die Sanktionen gegen den Iran wieder verschärfen, was einen starken Einfluss auf dessen Exportfähigkeiten haben kann und das globale Ölangebot reduzieren würde.
Im Fokus bleibt aber vor allem Trump und seine Drohungen gegen Russland. Trader warten noch auf ein angekündigtes Statement, das man als Indiz wertetet, dass der US-Präsident die Sanktionen gegen Russland verstärken könnte, um dessen Ölexporte zu reduzieren. Diese Unsicherheit sorgt dafür, dass die mittel- und langfristig bearishen Marktaussichten noch nicht stärker eingepreist werden. Für Volatilität sorgt zudem der anstehende Frontmonatswechsel bei Brent und den Produkt-Futures an der NYMEX, während in den USA zudem ein langes Wochenende bevorsteht.
Den Markt schätzen wir daher fundamental weiter neutral ein, während sich nachdem späten Preisanstieg gestern Abend für das Inland rechnerisch leichte Preissteigerungen abzeichnen.